Wie bereits im Artikel 7 Speisen, die man in Valencia probieren muss angedeutet bedarf das Thema “Paella, Arroces und andere Reisgerichte” mindestens einen eigenen Artikel in diesem Blog. Auf der spanischen Webseite comarca.com (Deutsche Google Übersetzung der Seite) wird zwischen 28 Trockenreisgerichten und 22 Reiseintöpfen unterschieden. Wir wollen uns einige davon heute mal genauer ansehen.
Grundprinzip Paella
Das Grundprinzip der Paella ist eigentlich sehr einfach. Man nehme eine große Pfanne, Reis und alle Gemüsesorten die man typischerweise im Garten anbaut. Jetzt schickt man noch die Kinder los, damit sie beim Nachbarn ein Huhn klauen und auf dem Feld ein Kaninchen jagen. Das alles wird in einer großen Pfanne zubereitet und schon hat man ein schmackhaftes Mittagessen für die ganze Familie. Zubereitung, Essen und Verdauungsprozess können gerne mal bis zu 4 Stunden dauern. Somit ist die Paella das perfekte Essen um an einem Sonntag, nach der Kirche, die anstrengende Woche des valencianischen Bauerns im 19. Jahrhundert ausklingen zu lassen.
Denn, was viele Leute nicht wissen, ist, dass die Paella ursprünglich ein Gericht der normalen Leute war. Erst im 20. Jahrhundert wurde die Paella auch international entdeckt und ist seit dem vor allem als Paella de Marisco (also mit Meeresfrüchten) bekannt. Aber unser Freund der valencianische Bauer konnte damals mit Riesengarnelen und Co. nicht viel anfangen.
Über die Jahrzehnte hat sich die Paella in der Region um Valencia verbreitet und wurde von Ort zu Ort an den Geschmack der Menschen und das Angebot ihrer Gemüsegärten und Fleischprodukte angepasst. So findet man beispielsweise rund um den großen Binnensee Albufera Paella-Rezepte mit Ente oder Schnecken während in den Bergen auch Rüben oder Schweinefleisch hinzugefügt werden. Allgemein kann man zwischen 2 Zubereitungsformen der valencianischen Reisgerichte unterscheiden: Trockene Reisgerichte und Reiseintöpfe.
Arroces Secos – Trockenreisgerichte
Unter Trockenreisgerichten versteht man das, was man in Deutschland allgemein so als Paella kennt. Also eine große Pfanne mit Reis, Gemüse und Fleisch oder Fisch. Alle Zutaten werden in der Pfanne gekocht. Das knifflige dabei ist, dass am Ende das ganze Wasser verkocht sein muss und gleichzeitig alle Zutaten gar sind. Das richtige Verhältnis zwischen Reis, Wasser und Kochzeit zu finden ist Erfahrung und zeichnet einen guten Paellakoch aus.
Paella Valenciana (siehe oben) ist die ursprünglichste aller Paellas und wird mit Hühnchen- und Kaninchenfleisch zubereitet. Darüber hinaus gibt es noch die Paella Negra, eine schwarze Paella (Bild links), bei der der Reis mit Tintenfischtinte gefärbt wird. Weniger spektakulär aber nicht weniger lecker ist der Arroz A Banda, bei dem der Reis in einer Fischrestebrühe gekocht wird. Eine eher traurige Geschichte hat der Arroz de Zapatero (wörtl. “des Schuhmachers Paella”). Weil die Schuhmacher so arm waren konnten sie sich lediglich eine vegetarische Paella leisten. Kurios ist die Paella mit Sepia und Blumenkohl.
Zusätzlich zur Paella gibt es auch die etwas weniger bekannten Arroces Al Horno. Dabei handelt es sich um Reisgerichte (Arroz = Reis, Arroces = plural von Reis) die, wie der Name schon sagt, Al Horno (also “im Ofen”) zubereitet werden. Ähnlich wie bei der Paella gibt es auch hier regionale Besonderheiten. Zu nennen sind auf jeden Fall der übliche Arroz Al Horno, der Arroz Al Horno mit Schweinelippen und -ohren, der Arroz Al Horno mit Stockfisch und Blumenkohl, der Arroz Al Horno mit Ente und der Arroz Al Horno mit Kürbis.
Arroces caldosos – Reiseintöpfe
Bei den Reiseintöpfen handelt es sich um Gerichte die im Topf gekocht werden. Das Kochwasser reduziert man während der Kochzeit soweit, dass man eine Dickflüssige Suppe mit Reis bekommt. Diese Rezepte sind vor allem im Landesinneren oder in den Bergen beliebt, wo es die Menschen bevorzugen etwas heißes zu essen um sich daran aufzuwärmen.
Regionaltypisch werden meistens Bohnen oder Rüben hinzugefügt und üblicherweise auch Fleischprodukte von Schwein und Kuh oder nicht-mediterrane Wurstprodukte wie die Blutwurst. Laut der Webseite Comarcarural gibt es “so viele verschiedene Reiseintopfgerichte wie es Valencianer gibt”. Zu erwähnen sind hier aber mindestens der Arroz Caldoso, der Arroz mit Dill und Stockfisch, der Arroz y Nada (wörtl.: Reis und Nichts), der Arroz mit Rüben und Tintenfisch oder wahlweise die Eintopfgerichte mit Hummer, Krebs oder sogar Orangen.
Paella-Etikette für Nicht-Valencianer
Für Valencianer gibt es kaum etwas weniger unverständlicheres als eine Paella abends zu essen. Wer einmal bei diesem Essen richtig zugeschlagen hat wird merken, dass es sehr füllend ist und man deswegen einen ganzen Nachmittag benötigt um es angemessen zu verdauen. Wenn man die Möglichkeit hat sollte man auch als Urlauber in Valencia die Paella zum Mittag essen. Gegen 2 Uhr, vor allem am Wochenende, bekommt man die beste Qualität und die authentischsten Paellas.
Ein wichtiges Element der Paella und fast eine Art valencianische Filosofie ist der sogenannte Socarrat. Dabei handelt es sich um den angebackenen, knusprigen Reis am Boden der Paella-Pfanne. Den sollte man auf keinen Fall liegen lassen. Hat eine Paella einmal keinen Socarrat, dann ist es keine gute Paella.
Paella kann natürlich vom Teller gegessen werden, aber wenn man zu viert um eine Paella-Pfanne herum sitzt, dann gehört es auch zum guten Ton direkt mit einem Löffel aus der Pfanne zu essen. Ein Stück Brot in der anderen Hand dient dazu den Reis auf den Löffel zu schieben.
Wo Paella essen?
Wenn man ein authentisches Paella-Erlebnis sucht, dann sollte man die Restaurants rund um die Kathedrale und den Mercado Central meiden. Auch wenn die Qualität der Paellas wahrscheinlich gar nicht schlecht ist, bekommt man hier häufig “Touristen-Paellas”. Von individuellen Paella-Pfännchen bis zum “Fleisch-Fisch-Mischmasch” – die Legenden über die falschen Touristen-Paellas sind weit verbreitet unter den Valencianern.
Am besten man sucht sich ein Restaurant, dass ein Mittagsmenü mit Paella anbietet. So eines sollte gerade am Wochenende sehr leicht zu finden sein. Für 12 – 18 Euro hat man dann ein komplettes Menü mit zwei Gängen, Nachspeise und Kaffee. Diese Angebote findet man an jeder Ecke in Valencia, auch in den weniger Touristischen Gässchen im Altstadtviertel. Empfehlen kann ich das Restaurant Canela, direkt zu Füßen der Torres de Quart.
Alternativ kann man sich Paella zum Mitnehmen bestellen. Es ist in Spanien sehr üblich frisch gekochtes Mittagessen in Plastikschachteln zu kaufen und mit nach Hause zu nehmen. In den Geschäften mit den sogenannten Comidas Caseras (Hausgemachten Mittagessen) kann man ganz einfach mit dem Finger auf die gewünschte Paella zeigen und wenn man möchte wird das Essen vor Ort in der Mikrowelle aufgewärmt und man bekommt sogar Plastikbesteck dazu. So kann man jeden Tag für wenig Geld ein neues Paella-Rezept ausprobieren und braucht nicht immer im Restaurant zu essen. Die Qualität dieser Comidas Caseras ist normalerweise sehr gut. Meine “Lieblings-Paella-Straßenverkaufs-Bude” befindet sich hier in der Innenstadt und heißt El Racó de Meri.
Wer das Paella-Erlebnis mit einem kleinen Ausflug verbinden möchte sollte mit dem Auto in eines der Dörfer außerhalb von Valencia fahren. Mein Vorschlag: Gegen 12 Uhr in das Dorf El Palmar südlich von Valencia fahren. In diesem kleinen Fischerdorf kann man nun einen gemütlichen Spaziergang machen und währenddessen sich für eins der vielen Paella-Restaurants entscheiden. An Sonntagen lohnt es sich auch direkt eine Reservierung für 2 Uhr zu machen. Empfehlen kann ich die Restaurants in der Carrer Santíssim Crist Salut die auch eine hübsche Terrasse haben. Zur Verdauung empfiehlt es sich nach dem Essen eine Bootsfahrt auf dem Albufera-See zu machen, diese kostet nur 4€ pro Person und bietet einen zusätzlichen Einblick in das Leben der valencianischen Fischer.
Und wie ist es bei euch? Was ist eure Lieblings-Paella? Teilt eure Erfahrungen in den Kommentaren!
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